miro

Ein gesunder Lebensstil mit ambienter Intelligenz

Wenn es um die Gesundheit geht, ignorieren wir oft Signale unseres Körpers. Mit miro haben wir ein intelligentes Wesen geschaffen, das im Raum agiert und Menschen dabei unterstützt, ein gesünderes Leben zu führen.

Zuständigkeiten

Recherche

Konzept

Interaction Design

Visual Design

Der Trailer, den wir für miro gedreht haben

Die Herausforderung: Die Umgebung als Raum der Interaktion

Im Sommersemester 2015 war es unsere Aufgabe, ein ambientes System zu entwickeln, das den Kontext eines Menschen versteht und berücksichtigt. Da intelligente Umgebungen so noch nicht existieren, ist der Raum der Möglichkeiten unendlich: es bestehen weder technologische Infrastrukturen noch Interaktionsparadigmen für intelligente Umgebungen.

Mit der Aufgabe mussten wir uns also erst mal wieder mit Interaktion per se auseinandersetzen, für uns definieren und verstehen, wie sich Interaktionen in intelligenten Umgebungen wandeln kann oder sogar muss. Muss der Mensch in Zukunft per Sprache äußern, was er erledigen möchte? Muss er neue Gesten erlernen, um mit seiner Umgebung zu interagieren? Oder werden Systeme autonom agieren, ohne dass der Mensch aktiv werden muss? Die übergreifende Frage lautete also: wie verändert sich Interaktion im Raum?

Unser Vorgehen: Brainstormings & Customer Journey

Um einen passenden Bereich für die experimentelle Auseinandersetzung mit ambienter Intelligenz zu finden, mussten wir uns wortwörtlich räumlich eingrenzen und eine Leinwand für unsere Überlegungen schaffen. Hierfür nutzten wir klassische Brainstorming-Sessions, in denen wir Räume auf Papier brachten und anschließend kategorisierten. Ein Bereich der dabei für das Team besonders interessant klang, waren Krankenhäuser und Pflegeheime.

Sie boten uns aufgrund ihrer innewohnenden Funktion auf Anhieb eine besondere Weite für ambiente Intelligenz. Beide Orte sollen eingeschränkte Menschen heilen oder dabei unterstützen, würdig weiterzuleben. Menschen leben an diesen Örtlichkeiten Tage wenn nicht sogar den Rest ihres Leben und sind zum Teil nicht mehr in der Lage, selbstständig zu essen oder auf Toilette zu gehen. Ambiente Intelligenz kann hier die Welt besser machen.

Um innerhalb von Krankenhäusern interessante Berührungspunkte zu finden, entwickelten wir Customer Journeys. Das hat uns geholfen, einen ganzheitlichen Blick auf den Krankheitsverlauf von Menschen zu werfen. Gleichzeitig resultierte dieses Vorgehen auch darin, dass wir eine Vielzahl der negativen Berührungspunkte vor dem eigentlichen Betreten des Krankenhauses fanden. Der Fokus rutschte also weg von Krankenhäusern, hin zur Problematik, dass Menschen überhaupt zu Patient*innen werden.

Brainstorming Session

Wir nutzten Brainstorming vor allem zu Beginn der Projektphase, um unsere Möglichkeiten schnell einzugrenzen. Bei einer so großen und wenig bekannte Thematik wie ambiente Intelligenz, empfanden wir es als sinnvoll, unsere Möglichkeiten schnell einzuschränken.

Customer Journey

To detect solvable problems in a person's course of disease, we used cusomter journeys. They helped us to filter out and analyse interesting touch points.

Das Problem: Gesund zu leben, ist nicht leicht

Die Menschheit scheint #healthy zu leben. Vegetarisch, Bio, Superfoods, Smoothies – der Markt wächst mit immer mehr Ratgebern, Websiten, Diäten, Sportarten und Fitness Trackern. Dagegen treten immer mehr der sogenannten „Zivilisationskrankheiten“ auf. Die Ursache sind in den industrialisierten Ländern verbreitete Lebensstile und Verhaltensweisen. Wir konsumieren zu viel Zucker, Zigaretten und Alkohol, essen in falschen Mengen, bewegen uns zu wenig und haben zu viel mit Stress zu kämpfen. Dazu kommt eine zu große Belastung durch Umweltfaktoren, wie zum Beispiel Lärm oder verunreinigte Luft.

Dabei teilen unsere Körper uns eigentlich über natürliche Signale unsere Bedürfnisse mit. So sind wir hungrig, um zu essen, durstig, um zu trinken und fühlen uns schwach, wenn wir eine Auszeit brauchen. In der modernen Kultur haben viele Menschen allerdings verlernt, diese Signale wahrzunehmen und zu akzeptieren. Dieses Problem offenbarte sich uns, während wir die skizzierte Customer Journey studierten. Und es wurde zu unserer selbst gestellten Aufgabe, diesem Problem mithilfe von ambienter Intelligenz zu begegnen.

Die Lösung: Ein Abbild der Gesundheit

Wir empfanden die Notwendigkeit, dass einige Menschen lernen müssen, die eigene Gesundheit anders wahrzunehmen, um wirklich nachhaltig gesund zu leben. Um ein neues Licht auf die eigene Gesundheit werfen zu können, haben wir uns entschieden, sie als empathisches Wesen darzustellen. Inspiriert vom Tamagotchi-Effekt, der besagt, dass Menschen dazu in der Lage sind, zu nicht-lebendigen Dingen eine emotionale Beziehung aufbauen zu können, entwickelten wir Miro.

Miro ist ein virtuelles Lebewesen, das in den eigenen vier Wänden des Nutzers lebt. Es spiegelt, wie der Mensch gerade mit seiner Gesundheit umgeht. Dadurch verleiht es den Bedürfnissen von Körper und Geist eine Stimme, die es auch in den stressigen Situationen des modernen Alltags schafft, gehört zu werden. Dabei ist es nicht relevant wie gesund oder krank ein Mensch ist, sondern wie er sich gerade hinsichtlich seiner Gesundheit verhält. Miro hilft dabei, den Moment zu reflektieren und den inneren Signalen des Körpers Aufmerksamkeit zu schenken.

Eine Projektion der Gesundheit

Miro soll eine Projektion der Gesundheit darstellen: So wie der Mensch mit seiner Gesundheit umgeht, geht er auch mit miro als Wesen um. Damit soll die Bindung zwischen dem menschlichen Bewusstsein und seiner Gesundheit gestärkt werden.

Interaktions Design von miro: Der Mensch wird zum Interface

Das Ziel von miro ist es, dem Menschen wieder ein Bewusstsein für die eigene Gesundheit anzutrainieren. Wenn also miro ein Abbild der mentalen und körperlichen Gesundheit darstellt, dann muss auch der Körper des Menschen als das eigentliche Interface dienen. Deshalb haben wir miro so konzipiert, dass vor allem das Verhalten mit der eigenen Gesundheit Auswirkungen auf miro hat. Dies erzeugt eine ganz natürliche Interaktion mit dem System: "tu' ich gutes für mich, tu' ich auch gutes für miro. Tu' ich allerdings schlechtes für mich, dann tu' ich auch schlechtes für miro.". Das ermöglicht dem Mensch auf eine möglichst direkte Art und Weise, zu lernen, wieder mehr auf sich zu achten.

Um sich auszudrücken, nutzt miro eine eigene Gestik und Mimik, die im Grunde aus zwei Verhaltensweisen besteht: dem Avatar und dem Patronus. Miros Verhalten als Avatar beruht darauf, die Gesundheit des Menschen widerzuspiegeln. Kümmert sich der Mensch gut um seine eigene Gesundheit, wirkt miro energetisch und lebendig. Seine Bewegungen sind rhythmisch und werden harmonisch wahrgenommen. Geht der Mensch weniger gut mit sich um, verliert miro an Farbe und torkelt chaotisch durch die Gegend – es wirkt krank und trostlos. Diese simple Veränderung von miros Erscheinung soll den Menschen dazu auffordern, das Gesundheitsverhalten zu reflektieren und entsprechend anzupassen. Erkennt es dennoch nicht die Signale, verwandelt sich miro in einen Patronus, der zielstrebig und energiegeladen nach Aufmerksamkeit ruft. Als Patronus unterstützt miro aktiv, das eigene Verhalten anzupassen. So verlässt miro beispielsweise seinen Platz und zeigt spielerisch auf Turnschuhe, wenn man sich mal wieder bewegen sollte.

Visuelle Gestaltung: Ein Lebewesen aus vielen

Miro besteht aus ganz vielen kleinen Lebewesen, die metaphorisch für die vielen kleinen Aspekte der Gesundheit stehen. Im Zusammenschluss verhalten sich diese Lebewesen wie in einem großen Schwarm, in dem jedes Individuum auf seinen Nächsten achtet und Empathie für ihn empfindet; miro zeigt sich quasi als Ökosystem. Das hat zur Folge, dass eine negative Auswirkung auf ein Schwarm-Mitglied, Auswirkungen auf den Schwarm im Gesamten hat: miro fühlt sich so, wie sich sein schwächstes Glied fühlt.

Innerhalb der Wohnung soll miro einen Kontrast schaffen. Aus diesem Grund sind miros kleinste Lebewesen an Meeresbewohner angelehnt und orientieren sich auch farblich am Ozean. Während unserer Recherche fanden wir heraus, dass das Meer eine besondere Wirkung auf den Menschen hat. Es wird als ungestörte und freie Landschaft wahrgenommen und hat einen beruhigenden und sympathischen Effekt. Diese Eigenschaften waren gut mit unserem Bestreben, einen Begleiter für die Gesundheit zu entwickeln, vereinbar und wurden genutzt, um die visuelle Gestalt von miro zu definieren.

Skizze von miro

Wir wollten miro so gestalten, dass dem Nutzer vermittelt wird, miro sei Teil seines Körpers und seines Lebens. Aus diesem Grund offenbart sich miro sofort, wenn der Nutzer das eigene Haus betritt und wandert wortwörtlich als Projektion der Gesundheit aus dem Nutzer heraus auf die Wand.

Visuelle Gestaltung von miro

Miro besteht aus vielen kleineren Lebewesen, die zusammen ein Ökosystem bilden. Ähnlich wie mit der Gesundheit, herrschen auch im Ökosystem von miro ähnliche Regeln: geht es einem Aspekt schlecht, so leidet das komplette System.

Prototyp: miro erscheint

Miro erscheint aus dem Nutzer heraus, sobald der den Raum betritt. Dieses Detail soll die enge Verbundenheit zwischen dem Körper und miro betonen.

Prototyp: Gesunder Zustand

Der gesunde Zustand von miro wird in VVVV erreicht, indem ein Anziehungspunkt zentral platziert wird (grüne Sphäre) und den Partikeln befohlen wird, eine spezifische Distanz zum Punkt zu bewahren (orangener Bereich).

Modelling eines Lebewesens

Die Lebewesen sind extrem simplifiziert dargestellt und wurden anschließend in VVVV animiert.

Abschließende Worte

Miro war ein Experiment. Es existiert weder die nötige massentaugliche Technologie noch die Infrastruktur, um ein System wie miro zu realisieren (während ich das schreibe, haben wir das Jahr 2016. Verurteilt mich also nicht, Leser aus dem Jahr >2020!). Daher soll das Projekt mehr als eine Vision für zukünftige ambiente Systeme betrachtet werden, als ein Vorschlag zur Lösung eines herrschenden Problems. Wir setzten uns mit dem Projekt mit bisher unbeantworteten Fragen im Bezug zu ambienten Systemen aus, zu denen bisher keine Paradigmen existieren. Mit miro wollen wir daher einen designorientierten Beitrag zur Forschung ambienter Systeme leisten.